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2008-06-01 · Kulturbahnhof Roetgen:
Ungefähr 24 Quadratmeter

Ungewöhnlicher Kunstraum: Trotz bescheidener materieller Ausstattung entwickelt der Kulturbahnhof in Roetgen weit mehr als ländlichen Charme.

Ein grauer Spätnachmittag Anfang April, starker Wind und Nieselregen. Mit leichtem Gefälle läuft die Bundesstraße 258 nach Roetgen hinein. Links tauchen die alten Gleise der Vennbahn auf, dann ein kleiner, barackenähnlicher Bau mit Flachdach: das Ziel des Ausflugs in die Eifel. „Kulturbahnhof Roetgen“ – der Schriftzug prangt in großen Lettern an der Front des Gebäudes. Auf der Rückseite tuckert friedlich ein kleiner Generator vor sich hin. „Unsere Stromversorgung“, sagt Roman M. Havertz. „Wir haben kein Geld für einen regulären Anschluss.“

Havertz ist so etwas wie der Hausherr hier. Er war es, der die Idee hatte, das 1958 erbaute und seit sieben Jahren verwaiste Stationshäuschen wieder in Betrieb zu nehmen. „Ich hatte das Gefühl, an diesem Ort könne man einen Kunstraum einrichten“ – so beschreibt er, während die Neonröhre bedenklich flackert, den Beginn seiner Initiative. Havertz, Jahrgang 1968, im Brotberuf Webdesigner und Kursleiter, bekam Kontakt zur Roetgen Touristik, die das Stationshaus seit Jahren gepflegt hatte. Die Gemeinde, die die Liegenschaft von der belgischen Bahn SNCB gepachtet hat, willigte in die neue Nutzung ein, und so konnte der Kulturbahnhof nach einer von den örtlichen Touristikern unterstützten Renovierung im August 2007 eröffnet werden. Die erste Ausstellung, die Arbeiten von 14 Künstlerinnen und Künstlern aus Roetgen präsentierte, traf gleich auf großes Interesse.

Anfangs viel Skepsis

Dabei war Havertz anfangs auf viel Skepsis gestoßen. „Es sei zu wenig Platz, hier würde doch niemand ausstellen wollen, schon gar nicht ohne Versicherung, so was haben wir nämlich bisher nicht“, blickt der gebürtige Aachener zurück. Ungefähr 24 Quadratmeter groß ist sein Palast, zwei Zimmer. Das hintere ist der Ausstellungsraum, entlang der Wände sind Würfel aus Kartonpappe aufgereiht, die zum Sitzen einladen. Im vorderen Raum befindet sich eine Theke, eine historische Schalttafel mit Bahntechnik, ein ausrangierter Reisekoffer als Behältnis für Brennholz und der zugehörige Ofen, der eine angenehme Wärme verbreitet.

„Alle drei Monate machen wir eine Ausstellung und während jeder Ausstellung findet ein Live-Act statt. Vor einigen Wochen hatten wir He-Joe Schenkelberg mit seinem Akkordeon hier. Es war richtig voll.“ Wenn Havertz „Wir“ sagt, betrifft das im Wesentlichen die eigene Person. „Ich bin hier Putzfrau und Artdirektor in einem“, sagt er über seine Initiative, die keine festen Strukturen und keine weiteren festen Mitstreiter hat. Und, wie gesagt, kein Geld. „Wir nehmen keinen Eintritt, denn ich will, dass jeder Zugang zu Kunst und Kultur haben kann.

In unseren Spendenboxen landet ungefähr so viel, dass wir für die Ausstellungseröffnungen ein paar Flaschen Sekt kaufen können.“ Manchmal überlegt er schon, einen Verein zu gründen…

Vernetzung mit anderen Initiativen

Trotz der bescheidenen materiellen Lage ist der Kulturbahnhof ein Erfolgsprojekt. Die bisherigen Ausstellungen, nach der Eröffnung die des Aachener Comic-Künstlers Willi Blöß und die der Aachenerin Claudia Breuer, fanden ein positives Echo. „Die meisten Besucher“, sagt der Hausherr, „kommen schon aus Roetgen. Aber wir haben ebenfalls Gäste aus der Aachener Region und auch die Wohnmobil-Urlauber, die im Sommer den Stellplatz nebenan nutzen, kommen zum Schauen herüber.“ Feedback holt sich Havertz auch durch die Vernetzung mit anderen Kultur-Initiativen, unter anderem kooperiert er mit dem deutsch-belgischen Verein KuKuK.

Was er sich für nähere Zukunft vorstellt? „Ich hoffe auf finanzielle Zuschüsse, vielleicht kann uns hier die Gemeinde Roetgen helfen“, sagt Havertz. „Und ich würde gerne verstärkt auch Jugendliche ansprechen. Beispielsweise wäre eine Nutzung der großen Außenflächen denkbar.“ Was das Ausstellungsprogramm angeht, ist Havertz mit seinen Ideen bereits im Jahr 2009 angelangt. Ein Optimismus, der sich auch in seinem Leitmotiv widerspiegelt: „Ich setze Ursachen dafür, dass es weiter geht. Wobei“, so fügt er nach einer Pause hinzu, „immer die Frage im Raum steht, ob ich mir diese Form der ehrenamtlichen Arbeit noch lange leisten kann…“

Aktuelle Ausstellung: "Bahnhof, Fundbüro und Körpermessungen" mit Petra Ostré und A. M. Can; bis 27. Juli 2008; geöffnet sontags von 14 bis 16 Uhr.

Kulturbahnhof Roetgen
Bundesstraße 1b
52159 Roetgen
Tel. +49 (0)2471 132957

RegioKulturZettel Nr. 38 / Juni 2008

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